Wahnsinn auf drei Rädern

Alle wissen, was ein Tuk-Tuk ist. Und doch würden die meisten falsch liegen, wenn sie eine Beschreibung abliefern müssten, die über «ein kleines, motorisiertes Gefährt zum Transport von allem Möglichem» hinausgeht. Denn jedes asiatische Land brachte ihre eigene Form von Tuk-Tuks hervor. Das was sie gemein haben, ist «Tuk-Tuk»: der Klang, den sie von sich geben.

 

In Indien und Thailand sind es standardisierte, industriell gefertigte Dreiräder, auf den Philippinen und in Myanmar sind es Motorräder mit abenteuerlichen Seitenwagen. Der Abenteuergrad hängt von der Schweisskunst und dem Mechanik-Verständnis der Lokalbevölkerung ab. Auf den Philippinen finden sich chromglänzende und wie Discokugeln beleuchtete Modelle. In Myanmar sind es Motorräder mit Seitenwägen, die aus dünnen, zusammengeschweissten Rohren bestehen. Sie bieten eine ebene Transportfläche und – die «Luxusvariante» – eine Überdachung. Die Rohre sind leicht geschwungen, grundsätzlich funktional, dazu ein Schuss Ästhetik.

 

Die Rückenlehne des Exemplars, auf welchem wir Platz nahmen, gab unter meinem Gewicht nach. Wir rasten los. So war jedenfalls meine Erwartung, doch der Fahrer hatte ein überraschend ruhiges Handgelenk. Er fuhr bedächtig. Nichtsdestotrotz gingen mir die üblichen Gedanken durch den Kopf. Würde ich in der Schweiz in ein offenes Gefährt ohne Sicherheitsgurte steigen, ohne Helm, Handschuhe, bloss mit Flip-Flops, Tank-Top und Shorts bekleidet? Nein, im Gegenteil. Ich würde jeden wahnsinnig schimpfen, der es tun würde. Ein Crash, das wusste jeder, kann ein Leben verändern. Selbst bei dreissig Stundenkilometern. In Asien war es die Art, wie man es machte. Keiner trug einen Helm. Vier- und mehrköpfige Familien holperten mit Sack und Pack auf Rollern über die Schlaglöcher. Dutzende Tuk-Tuks brausten in alle Richtungen, rostige Lastwagen überholten uns in unübersichtlichen Kurven, durchgezogene Linien waren blosse Orientierungshilfen bei waghalsigen Manövern. Fahrtwind bliess uns ins Gesicht, unsere Mundwinkeln zogen sich nach oben.